Ok, dann halt doch eine Leica.

Wisst ihr was G.A.S. ist? Wahrscheinlich nicht. Das „Gear Acquisition Syndrom“ beschreibt das Verlangen, immer neues Equipment anzuschaffen – besonders weit verbreitet in der Musik- und Foto/Video-Szene. Dazu gibt es mittlerweile sogar Studien. Manche Betroffene wurden von Leica geheilt – das war aber sicher eine der teuersten Therapien.

Manchmal hatte ich auch schon das Gefühl, dass ich zumindest manchmal an GAS leide. Ich weiß gar nicht, wie viele verschiedene Kameras und Objektive ich in meinem Leben schon besessen habe. Canon, Sony, Fuji, Blackmagic, ZCAM, Panasonic, Viltrox, Samyang, Sigma, Tamron – die Liste der Marken ließe sich sicher noch fortführen. Klar, es ist auch eine Entwicklung und eine Frage der finanziellen Möglichkeiten – hätte ich 10.000 Euro für eine Sony Alpha 1 und ein Set guter Objektive, würde ich mir keine, oder zumindest weniger, Gedanken über mein Equipment machen.

Ein kleines Männchen würde aber wahrscheinlich immer noch in meinem Kopf sitzen. Der Herr Leica aus Wetzlar, die vielleicht legendärster Kameramarke. Leitz Camera („Leica“) baute die erste Kleinbildkamera (1914) und wurde dann vor allem durch die analogen Messsucherkameras bekannt. Um die Jahrtausendwende stand die Firma fast vor dem Bankrott, ehe sie wie Phoenix aus der Asche emporstieg und heute wohl mit die angesagteste Brand in der Foto-Welt ist. Made in Germany, sehr gute Optiken aber: Ein paar Euro bezahlt man auch für den roten Punkt.

Für mich, der sich schon seit dem Grundschulalter für Fotos interessiert, war Leica immer irgendwie etwas Besonderes. Ich kann gar nicht beschreiben, woran ich das festmache, aber ich weiß, wie ich wieder zu der Marke gekommen bin. 2021 war ich für den Deutschen Tischtennis-Bund bei den Olympischen Spielen in Tokio. Die Medienabteilung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) engagierte damals vier Fotografen für das Team D – die Fotos durften wir als Verband nutzen. Die Fotografen: Max Galys, Paul Hüttemann, Philipp Reinhard und Marvin Ronsdorf – alles Leica-Shooter und die Bilder waren einfach herausragend. Die Bildbände sind absolut zu empfehlen und immer noch erhältlich. Spätestens seitdem war ich wieder angefixt.

Ein Modell hat es mir schon immer angetan – die Leica Q-Reihe. Viele sagen sicher: Eine Kamera mit Festbrennweite, keine Möglichkeit das Objektiv zu wechseln und dann noch relativ weitwinklig mit einer 28mm-Linse – und das Ganze für mehrere tausend Euro? Mooooment – ok, ich kann die Skepsis verstehen. Aber: Ich war schon immer Fan von Festbrennweiten. Erstens wegen der Bildqualität und zweitens, weil man irgendwie für das Bild mehr „arbeiten“ muss. Plus Leica, plus die Kompaktheit der Q und sowieso ist es eine schöne Kamera. Aber vielleicht redet man sich das nur ein, weil Leica draufsteht.

Leica Q – Viel Geld für wenig Flexibilität, aber dafür Unmengen an Spaß
Also habe ich nach einer gebrauchten Leica Q (116) gesucht. Das Modell wurde 2015 veröffentlicht, mittlerweile gibt es eine dritte Version Q3. Fündig wurde ich Anfang des Jahres direkt im Shop in Wetzlar in der Zentrale – nur 45 Minuten von meinem Zuhause entfernt. Gebraucht, super Zustand für aber immer noch 2.100 Euro. Eine mindestens 8 Jahre alte Kamera? Das Gute zuerst: Ich finde, man merkt es ihr gar nicht an. Das Menü wirkt zeitlos, der Autofokus arbeitet gut, Bildstabi ist auch verbaut und der Sucher ist auch richtig klasse. Der Verkäufer meinte noch: Keine Sorge, Sie werden diese Kamera lieben.

Und was soll ich sagen? Isso. Es macht wirklich Spaß damit zu fotografieren. Es gibt ja so etwas wie den Mythos des Leica-Looks. Ich weiß gar nicht, ob ich den ausmachen kann – vielleicht wenn man mit JPGs arbeitet. Bei mir laufen ohnehin alle Bilder als RAWs nochmal durch Lightroom und ich glaube, ich könnte den Unterschied nach der Bearbeitung zwischen meinen Panasonic- und Leica-Bilder nicht immer erkennen. Fakt ist aber, dass das 28mm Summilux mit Blende F1.7 sehr scharf ist und wirklich eine herausragende Qualität abliefert. Der Look ist irgendwie special – so viel Weitwinkel und dennoch ein massives Bokeh (Tiefenunschärfe). Und es macht einfach Bock damit zu fotografieren, auch wenn man eigentlich echt limitiert ist. Aber so ist es: Das Radler auf der Hütte schmeckt auch besser, wenn man selbige zu Fuß und nicht mit dem Lift erreicht hat.

Mit der Leica Q unterwegs
Anfang April waren wir als Familie mit unseren zwei kleinen Kindern zehn Tage in den Alpen und in Südtirol – inkl. Venedig und Trient. Ich hatte einfach nur die Leica Q dabei und ich habe nichts vermisst (siehe Fotogalerie). Natürlich hätte man vielleicht noch bessere Porträts von den Kids machen können, oder richtige Pano-Aufnahmen von Venedig. Aber man macht die Fotos, die man machen kann und es sind wirklich richtig gute Bilder und schön Erinnerungen entstanden. Mit einem Clip am Gürtel oder umgehängt ist sie immer griffbereit – diesen Komfort weiß man auch zu nutzen. Und die Partnerin muss nicht alle Nase lang Objektive oder die Kamera halten, wenn man mal wieder die Linse mitten auf dem Markusplatz wechseln muss…

Beruflich hatte ich die Q erstmals beim Tischtennis-Champions League Final Four 2024 in der Saarlandhalle in Saarbrücken im Einsatz. Kombiniert mit einer Panasonic S1R mit 85mm, bzw. 135mm war das echt eine gute Kombi. Wie ein Revolver kann man die Leica Q dann mal fix ziehen und ein Foto machen.

Ob ich eine Leica Q empfehlen würde? Also wer unter dem G.A.S. leidet oder einen Leica-Dämonen in sich trägt – der sollte es auf jeden Fall mal ausprobieren. Im Zweifel bekommt man die Leicas ja auch wieder gut los auf dem Gebrauchtmarkt. Die „Fixies“ unter den Kameras sind ohnehin angesagt gerade: Alternativen wie die Fujifilm X100 V & VI sind seit Monaten vergriffen und nur zu Mondpreisen zu haben. Ich werde meine Leica Q behalten – auch Sport damit fotografieren und wenn ich ehrlich bin, liebäugel ich auch schon mit den Nachfolgern…

Was haltet ihr von Leica? Zu teuer, Mythos oder einfach der Hammer. Schreibt gerne in die Kommentare. 🙂

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